Amazonien
Aufgeregt kleben wir am Fenster, als die kleine Maschine immer tiefer über ein riesiges Netzwerk aus Flussarmen und Überschwemmungsgebieten fliegt. Jannes und ich sind drei Wochen in Brasilien unterwegs.
Unser Ziel: der Amazonas – wasserreichster Fluss der Erde. Er entspringt in den peruanischen Anden und durchquert das von tropischen Regenwald geprägte Amazonasbecken 7.000 Kilometer Richtung Atlantik. Das Amazonasbecken bezeichnet eine Landschaft, die durch das riesige Flusssystem des Amazonas geprägt ist und umfasst mehr als die Hälfte des weltweit verbliebenen Tropenwaldes. Die Artenvielfalt der Tier- und Pflanzenwelt ist hier enorm. Teile Amazoniens sind noch kaum erschlossen, sodass dort indigene Völker völlig abgeschottet von der westlichen Kultur leben.
Wir sind auf dem Weg nach Manaus, der Hauptstadt Amazoniens. Sie ist wichtigste Handelsstadt und Verkehrsknotenpunkt des Amazonas. Beim Anflug auf die Großstadt bietet sich uns ein besonderer Anblick. Hier fließen der Rio Negro und der Amazonas zusammen, was allein an der Wasserfarbe deutlich zu erkennen ist. Und zwar hat der Amazonas eine hellbraune Färbung, die durch den hohen Sedimentgehalt des Wassers zustande kommt. Er zählt zu den Weißwasserflüssen und ist besonders nährstoffreich. Das macht ihn zur Heimat für zahlreiche Fische, Säuger und Insekten. Der Rio Negro dagegen ist ein Schwarzwasserfluss. Er ist dunkelbraun und vollkommen undurchsichtig, was auf den hohen Säuregehalt des Wassers zurückzuführen ist. Nur wenige Sedimentpartikel reflektieren das Sonnenlicht und der Fluss wirkt, wie sein Name schon sagt, »schwarz«. Dieser Flusstyp ist extrem nährstoffarm und es gibt nur wenige Tiere, die in diesem Gewässer überleben können. Der dritte in den Tropen vorkommende Flusstyp ist der Klarwasserfluss. Er erreicht Sichttiefen bis über vier Meter und sein Wasser ist an manchen Stellen so rein, dass es fast destilliertem Wasser entspricht. Auch diesen Typ lernen wir im Laufe unserer Reise noch kennen.
Amazonien ist Heimat von circa 2,5 Millionen Insektenarten, zigtausenden Pflanzen sowie 2.000 Vögeln und Säugetieren. Während ich mich über jeden Affen und jedes Faultier freue, das uns über den Weg läuft, ist Jannes eher auf der Suche nach gefährlichen Tieren, wie dem Mohrenkaiman, einer Anakonda oder dem tödlichen Zitteraal. Dieser zwei Meter lange Fisch ist in der Lage, Stromstöße bis zu 800 Volt zu erzeugen, um seine Beute zu betäuben oder zu gar töten. Aber auch andere Flussmonster, wie Piranhas und Arapaimas stellen Jannes zufrieden. Der Arapaima wird von den Locals »Pirarucu« genannt und gehört zu den größten Süßwasserfischen der Welt. Er wird bis zu drei Meter groß und steht leider aufgrund von Überfischung auf der roten Liste. Und tatsächlich ist der Arapaima einer der häufigsten Fischspezialitäten auf der brasilianischen Speisekarte.
Manaus selbst ist eine eher dreckige, große Hafenstadt mit über zwei Millionen Einwohnern, allerdings umgeben von brasilianischen Regenwald. Nur wenige Straßen führen aus der Stadt und der Hauptverkehrsweg ist mit dem Boot oder Flugzeug. Von hier aus starten wir morgen früh Richtung Regenwald.
HANNAH EMDE
Autorin, Gründerin und 1. Vorsitzende des Vereins
berichtet von ihren Einsätzen als Tierärztin in internationalen Artenschutzprojekten
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