Luis Picho Fernando

»Die Regenwälder sind auch Lebensgrundlage für uns Menschen«

Luis Picho Fernando

2022 nimmt Nepada Wildlife euch mit auf eine virtuelle Artenschutz-Reise rund um die Welt. Unsere aktuelle Station ist Lateinamerika, genauer gesagt: Guatemala. Das Land grenzt an Honduras, El Salvador, Mexiko sowie Belize und liegt zwischen dem Atlantischen und dem Pazifischen Ozean. Einer Definition zu Folge leitet sich Guatemala vom Wort »Cuauhtēmallān« ab, was so viel wie »Land der Bäume« bedeutet. Hier treffen wir auf Luis Fernando, genannt Picho, und sprechen über die faszinierende Natur, den Regenwald und seine Bewohner.

Hallo Picho, bitte stelle dich kurz vor und erzähle uns, woher du Nepada Wildlife kennst.
Ich bin ein guter Freund eurer Gründerin Hannah, lebe in Guatemala und bin auch Tierarzt. Wir haben hier im Regenwald schon mehrmals zusammengearbeitet. Denn ich bin für die Naturschutzorganisation WCS Guatemala tätig. Eines unserer großen Schutzprojekte ist der Erhalt der Hellroten Aras.
Kannst du uns mehr über die Aras und ihr Zuhause erzählen?
Ara macao cyanoptera ist eine Papageienart, die nur in Mittelamerika vorkommt und von denen es nicht mehr viele auf der Welt gibt. Mit dem Projekt zum Schutz der Aras bin ich, gemeinsam mit einem Team von Biolog*innen und Feldassistent*innen, viel in den Wäldern unterwegs. Im Norden unseres Landes gibt es noch unberührte Urwälder in denen die Aras jedes Jahr brüten. Ich nenne den Wald auch gerne »Maya-Dschungel«, da hier vor vielen Tausend Jahren die indigene Bevölkerung Guatemalas, die Maya, lebten. Noch heute finden wir ihre Tempelstätten im Wald. Neben den Aras leben noch andere wilde Tiere in unseren Wäldern wie zum Beispiel Brüllaffen, Blattschneiderameisen, Nasenbären, Schlangen oder Jaguare. Seit einigen Jahren bin ich in großer Sorge um unsere Wälder und Tiere.
Regenwald Guatemala
Hannah und Picho im Regenwald von Guatemala
Was ist es genau, dass dir Sorgen bereitet?
Ich erlebe, dass immer mehr Bäume gefällt werden und dass große Waldflächen in Flammen stehen. Mit der sogenannten Brandrodung schaffen die Menschen mehr Weidefläche für ihr Vieh oder Anbauflächen für die Futtermittel. Denn hier in Guatemala gibt es zahlreiche Rinderfarmen. Die Bauern und Bäuerinnen halten hunderte Rinder auf Weiden, und wenn diese zu klein werden, kein Gras mehr wächst oder sie keine Futtermittel mehr anbauen können, dann ziehen sie weiter. Der Regenwaldboden ist nämlich ohne Wald nicht besonders fruchtbar. Da es für die vielen Rinder nicht genügend Platz gibt, wird immer weiter der Regenwald gerodet.
Warum sind Regenwälder so wichtig?
Die Abholzung des Regenwaldes ist nicht nur für die Tiere lebensbedrohlich, die vorher im Regenwald gewohnt haben, sondern auch für uns Menschen. Denn die Regenwälder mit ihrer biologischen Vielfalt sind auch Lebensgrundlage für uns Menschen. Unsere Regenwälder binden Kohlenstoffdioxid aus der Atmosphäre, erzeugen Sauerstoff und machen den Boden fruchtbar. Sie spenden Schatten und speichern Wasser. Die heimischen Pflanzen- und Tierarten sind ein unermesslicher Schatz. Eine Art, die einmal ausgestorben ist, kehrt niemals mehr zurück.

Was ist das Besondere an den Bäumen im Regenwald von Guatemala und welchen Nutzen haben sie für uns Menschen?

Ein besonderer Baum für mich ist der Kapokbaum (Ceiba pentandra), der Nationalbaum Guatemalas. In der Mythologie der Maya stellt der Kapokbaum die »Axis Mundi« also den »Weltenbaum« dar. Heute nutzen wir die langen wasserabweisenden Kapokfasern aus den Früchten des Baumes beispielsweise als Füllmaterial für Schwimmwesten oder Rettungsringe. Aus den fettigen Samen des Baumes werden Seifen oder Speiseöl hergestellt. Und sogar bei der Wundversorgung kommt die Kapokfrucht zum Einsatz, da es eine antientzündliche Wirkung hat. Viele Medikamente, Baustoffe und Lebensmittel entstammen aus unseren Regenwäldern.

Was wünscht du dir für die Zukunft?

Ich hoffe, dass mehr Menschen verstehen, dass nicht nur die Tiere den Regenwald zum Überleben brauchen, sondern auch wir Menschen. Ich hoffe die Menschen verstehen, dass wir nur so viel aus dem Wald entnehmen dürfen, wie wieder nachwachsen kann. So ein nachhaltiges Wirtschaften, ja, das wünsche ich mir für unseren Regenwald in Guatemala und für unseren ganzen Planeten.

Vielen Dank für diesen spannenden Einblick!

Den Kapokbaum könnt ihr mittels Augmented Reality auch über unsere App 4Wildlife näher erforschen. Mehr zu den Aras und dem Artenschutzprojekt der WCS Guatemala lest ihr hier.