Überschwemmung

Vom Meer verschluckt

Wenn am Nord- und Südpol sowie an den Binnengletschern das Eis schmilzt, spüren das auch die Menschen im Pazifik. Durch den Anstieg des Meeresspiegels verschwinden Orte und Inseln. Die Erwärmung hat auch Auswirkungen auf die Artenvielfalt an den Küstenregionen.

Überschwemmung
Überschwemmung in Windsor, Australien © Wes Warren / Unsplash

Sinkende Städte und Inseln

Vermutlich haben alle schon einmal von der sagenumwobenen Stadt Atlantis gehört. Bis heute ranken sich viele Geschichten um den Mythos der verschollenen Stadt, die auf den Meeresgrund verbannt wurde. Gefunden wurde die versunkene Stadt bis heute nicht. Auch wenn die Existenz von Atlantis nicht bewiesen ist – die Gefahr, vom Meer verschluckt zu werden, ist real. So drohen derzeit mehreren Inseln und Gebiete in Küstennähe ein ähnliches Schicksal. Grund dafür ist der steigende Meeresspiegel.
Eisberge im Wasser
© Norman Schöne

Das Abschmelzen der Polkappen und Gletscher durch die Erderwärmung ist ein Hauptgrund für den Anstieg des Meeresspiegels.

Wieso steigt der Meeresspiegel?

Der Klimawandel stellt die gesamte Weltbevölkerung vor eine Vielzahl an Herausforderungen. Extremwetterereignisse wie Dürren und Überschwemmungen, aber auch ökonomische Folgen sind damit verbunden. Der Anstieg des Meeresspiegels führt dabei zu einem noch existenzielleren Problem. Ganze Inselstaaten, Städte und Länder könnten infolge des Meeresspiegelanstiegs verschwinden.

Hauptgrund für den Anstieg des Meeresspiegels ist die Erderwärmung. Mit steigenden Temperaturen kommt es zu einem immer schnelleren Abschmelzen der Polkappen und Gletscher. In Grönland verschwinden laut dem World Economic Forum circa 270 Milliarden Tonnen Eis pro Jahr und entwässern ins Meer. In der Antarktis sind es etwa 150 Milliarden Tonnen im gleichen Zeitraum. Im Zuge der schwindenden Eisvorkommnisse hebt sich das Meeresniveau an.
Ein zweiter Grund, wieso der Meeresspiegel ansteigt, ist physikalischer Natur. Ausgelöst durch die Erderwärmung kommt es zu einer thermischen Ausdehnung des Wassers. Je wärmer das Meer, desto stärker dehnt es sich aus. Die Meere nehmen zum Beispiel bis zu 90% der überschüssigen Hitze, die durch Treibhausgase verursacht wird, auf.

Außerdem können Wolken bei warmen Temperaturen mehr Wasser aufnehmen und das Meerwasser verdunstet schneller. Die Folgen sind Starkregen, Hochwasser und Überschwemmungen, die wiederum Wohnraum, Anbauflächen und Infrastruktur zerstören, weil die Wassermassen zu schnell oder auch zu langsam abfließen. Die Erosionsschäden, die durch extreme Wassermassen angerichtet werden, stellen dabei nur ein Problem dar. Auch Landflächen und wertvolle Böden drohen zu verschwinden.

Wenn die Temperaturen steigen: Folgen des Klimawandels

Seit Beginn der Aufzeichnungen des Meeresspiegels im Jahre 1880 ist ein weltweiter Anstieg von circa 21 Zentimeter verzeichnet worden. Allein zwischen 1993 und 2024 ist er laut NASA dabei um 10 Zentimeter angestiegen. Bis 2100 könnte sich der Anstieg laut Studien sogar verdoppeln. Klingen also wenige Millimeter Meeresspiegelanstieg jährlich zunächst unbedeutend, können sie langfristig zu veränderten Begebenheiten führen, die verheerende Auswirkungen haben. Mehr Landflächen werden von Wasser bedeckt und extreme Ereignisse wie Sturmfluten können noch weiter ins Land vordringen. Auch das Grundwasser und landwirtschaftliche Flächen wie Reisfelder können aufgrund eines höheren Meeresspiegels versalzen.
Indem die Ozeane stetig ansteigen, werden künftig nicht nur Landmassen von Wasser bedeckt, sondern könnten teilweise komplett verloren gehen – und mit ihnen wertvoller Lebensraum. Laut Weltwetterorganisation (WMO) sind Gebiete im westlichen Pazifik, darunter mehrere Inselstaaten in Teilen Südostasien, Australien und Neuseeland von den veränderten Klimabedingungen besonders stark betroffen. Aber auch in Deutschland müssen die Deiche erhöht werden, wie die Bundesregierung in der „Deutschen Anpassungsstrategie an die Folgen des Klimawandels“ von 2024 schreibt.
Überschwemmung Jakarta
Überschwemmung in Jakarta, Indonesien © Iqro Rinaldi / Unsplash

Neue Landflächen werden benötigt

Inselgruppen und Regionen in Küstennähe sind weltweit mit dem ansteigenden Meeresspiegel und dessen Folgen konfrontiert. Hier ist die Bedrohung durch den Klimawandel greifbar und viele Menschen müssen ihre Zukunft nun anders planen:

Indonesien verlegt seine Hauptstadt

Noch ist Jakarta die Hauptstadt von Indonesien. Hier leben rund 10 Millionen Menschen. Doch das soll sich in Zukunft ändern. Derzeit entsteht eine neue Stadt auf Borneo: Nusantara. Bereits seit 2022 wird im südöstlichen, bislang ruralen Gebiet die neue Hauptstadt errichtet.
Jakarta befindet sich teilweise unter dem Meeresspiegel und sinkt langsam ab. Neben dem ansteigenden Meeresspiegel belasten auch Smog und Überbevölkerung die Stadt. Sie platzt förmlich aus allen Nähten. Bis 2025 sollen 2 Millionen in die neue Hauptstadt umsiedeln. Der Präsidentenpalast ist heute schon weitgehend bezugsfertig. Daher der Vorwurf, dass der ehemalige Präsident den Neubau der indonesischen Planstadt vor allem aus persönlichen Interessen veranlasst habe. Der Eingriff in die bestehenden Ökosysteme auf Borneo, eine langfristige Gefährdung der Orang-Utan-Bestände auf der Insel nach der Umsiedlung und die Zerstörung der Landbauflächen der ansässigen Bevölkerung sind weitere Kritikpunkte bei der Besiedlung.
Orang-Utan-Baby
Oran-Utan Junges auf Borneo
© Hannah Emde

Borneo ist einer der wenigen Arten-Hotspots der Erde und der Schutz des Artenreichtums der Insel damit immens wichtig für uns und den Planeten.

Tuvalu plant ein digitales Vermächtnis

Im Nordosten von Australien befindet sich Tuvalu. Eine Inselgruppe bestehend aus neun Inseln, die am höchsten Punkt gerade mal 5 Meter aus dem Meer ragen. Circa 11.000 Einwohner leben auf den Inseln im Pazifik.

In einer rechtlichen Übereinkunft mit Australien erhalten jährlich bis zu 280 Menschen ein Sondervisum. Es erlaubt den Inselbewohnern nicht nur nach Australien einzureisen, sondern dort auch langfristig zu arbeiten und zu leben. Auch hat Australien dem Inselstaat Hilfe im Falle von Naturkatastrophen zugesagt. Für den Fall, dass der Archipel unbewohnbar wird – bis 2050 könnte Tuvalu laut NASA untergehen – trifft Tuvalu auch Vorkehrungen, um die Insel zumindest digital zu erhalten. Dafür sollen Traditionen und Kulturgüter virtuell in das Metaversum überführt werden. Auch wenn Kultur virtuell am Leben gehalten wird, die Artenvielfalt hat diese Option nicht. Denn sie entfaltet ihre lebensspendende Wirkung für unseren Planeten nur in der realen Welt.

Kiribati kauft neue Landflächen

Auch die Bewohner Kiribatis stellen sich auf eine Umsiedlung ein. Der Inselstaat im Pazifik kauft dafür Flächen auf den Fidschis. Für den Fall einer Überschwemmung der Inseln soll so Schutzraum bereitstehen.

Mit dem Verlust der Landfläche würde allerdings nicht nur Lebensraum, sondern speziell auch ein relevantes Küsten-Ökosystem verloren gehen. Die Mangroven-Wälder schützen die Küsten, sind wichtiger Laichraum und Kinderstube für marine Arten und binden CO2. Der Schutz und Erhalt der Küsten Vegetation ist notwendig. Dabei werden Mangroven bereits heute aufgrund des ansteigenden Meeresspiegels überflutet und leider auch immer noch abgeholzt.
Mangrovenwald
© Azzedine Rouichi / Unsplash Mangroven sind wichtig für den Schutz der Küsten und für marine Arten.
Gardí Sugdub
Die kleine Insel Gardí Sugdub gehört zum Gebiet der Guna in Panama. Die Insel mit über 200 Jahre alter Geschichte ist das Zuhause von mehr als 300 Familien, die nun nach und nach umgesiedelt werden. © Michael Adams / CC BY-NC 2.0

Panama errichtet Plansiedlung

In Lateinamerika und der Karibik steigt der Meeresspiegel ebenfalls überdurchschnittlich schnell wie im Pazifik. Davon ist auch die Insel Gardí Sugdub vor Panama betroffen. In den nächsten 25 Jahren versinkt voraussichtlich die Insel und Heimat der indigenen Guna. Panama hat daher die neue Siedlung Nuevo Cartí an der Nordküste erbaut. Über 1000 Menschen haben die panamaische Insel bereits verlassen und ihr neues Zuhause in der Siedlung auf dem Festland bezogen.

Fraglich bleibt, ob die Guna und ihre Gebräuche und Kultur in ihrer neuen Umgebung bestehen können. Während sie früher beispielsweise vom Fischfang lebten, sind sie heute zunehmend vom Tourismus abhängig, da die Fischbestände in den letzten Jahren deutlich zurückgegangen sind. Mit dem größeren Aufkommen von Motorbooten und durch die Erderwärmung verändert sich schließlich der Lebensraum. Eine Folge davon ist das Korallensterben vor Gardí Sugdub. Durch den Anstieg des Meeresspiegels könnte es daher nicht nur zum Verlust von Lebensraum kommen: Neben den sinkenden Fischvorkommen durch die wärmere Wassertemperatur und Überfischung können auch indigene Gruppen wie die Guna als Teil einer artenreichen Welt durch den Klimawandel irgendwann verschwinden.
Die Überfischung der Meere wird auch eine spannende Station unserer neuen Bildungsplattform, auf der Schüler*innen in das Thema Meeresschutz abtauchen können. Wenn ihr mehr über das Projekt erfahren oder uns dabei unterstützen wollt, findet ihr hier weitere Informationen.
Autorinnenfoto Marisa Balz Portrait
Marisa Balz

aus dem Nepada Wildlife Kommunikationsteam

ist am liebsten in den Tropen unterwegs und liebt es fremde Länder und Kulturen zu erkunden.