amaZOOnico - Foto von Kim Lange

Als Wildtierärztin in Ecuador Teil 2

In ihrem Bericht „Als Wildtierärztin in Ecuador“ hat Kim Lange von ihren Erfahrungen als Volunteer bei AmaZoonico erzählt. Heute tauchen wir etwas tiefer ein, lernen einige ihrer Patienten kennen und bekommen wertvolle Tipps für das Leben in einer Wildtierauffangstation im Dschungel.

Kim Lange mit Affe auf dem Kopf

Was ich auf einer Wildtierauffangstation gelernt habe

Neben meinen Aufgaben habe ich auch Touristengruppen durch die Anlage begleitet. Bevor man eine eigenständige Tour führt, lernt man von erfahreneren Freiwilligen einige Fakten, die den Besuchern beigebracht werden sollen, alles weitere darf persönlich gestaltet werden. Mir hat es besonders gefallen den Besuchern tiermedizinisch relevante Aspekte zu erklären. Wichtig ist, dass die Leute sich ruhig verhalten, die Tiere nicht ansprechen und natürlich nicht versuchen, sie anzufassen. Die oberste Priorität liegt bei den Tieren, ihnen muss es gut gehen.

Papageien sind z.B. größtenteils monogam und enorm sozial, daher dürfen sie nicht alleine gehalten werden. Das häufig übermäßige Kürzen ihrer Schnäbel schränkt sie in ihrem natürlichen Putz-, Fress- und Abwehrverhalten ein und sollte daher unbedingt vermieden werden.
In AmaZoonico lebt auch eine Anakonda mit Wachstumsstörungen und Hautproblemen, vermutlich weil sie als Touristenattraktion schutzlos vor Sonnencreme und Insektensprays ausgeliefert war, dass sehr toxisch für Schlangen ist. Auch einige Schildkröten werden betreut, die teilweise durch den illegalen Handel verformte Panzer haben, da sie zur Platzeinsparung aufeinander gestapelt transportiert werden.
Fotografie eines Papageien - von Kim Lange in Ecuador
(c) Kim Lange

Tierliebe allein rettet nicht

In meiner Zeit bei AmaZoonico kam ein gefundenes Faultierbaby zu uns, dessen Eltern in einem Feuer gestorben waren. Das kleine Faultier wurde von den Rettern versorgt, nur leider mit der falschen Nahrung. Es war sehr apathisch und zeigte ein aufgeblähtes Abdomen (Bauch), daher gingen sie zum Tierarzt, wodurch es letztendlich den Weg zu uns gefunden hat.
amaZOOnico - Foto von Kim Lange
(c) Kim Lange
Faultiere haben einen sehr langsamen Metabolismus und sind daher schwer zu behandeln, weil Medikamente später und teilweise anders wirken. Leider schaffte es das Kleine nicht und bei der Obduktion fanden wir eine große Menge undefinierbarer Masse im Magen, die der noch sehr junge und schwache Körper nicht bewältigen konnte. Mit der trauernden Stationstierärztin Vicky im Sektionssaal zu stehen und zu realisieren, wie diese Wesen durch unvorsichtige Menschen leiden müssen, ist gewiss der berührendste Moment meines Aufenthaltes. Tieren in Notlagen helfen zu wollen, ist sehr nobel, doch man sollte sich immer vorher über individuelle Bedürfnisse informieren oder das Tier im Zweifel an eine Fachstelle abgeben.

Watsons Weg in die Wildnis

Mein persönliches Highlight auf der anderen Seite war, dass ich mich auch um das kleine Klammeraffenwaisenkind Watson kümmern durfte, das langsam klettern lernte. Dazu wurde sie aus dem Gehege geholt und beim Spielen betreut, wobei wir alle Schutzanzüge trugen, um nichts potentiell Schädliches weiterzugeben und unsere Sachen halbwegs sauber zu halten. Als ich sie das erste Mal mit einer Banane aus dem Käfig lockte, kletterte sie noch bereitwillig auf meine Schultern. Wenig später hatte sie mein Gesicht entdeckt, ihre Augen wurden ganz groß und ihr war ins Gesicht geschrieben:

“Dich kenne ich nicht. Wer bist du denn?”

Einem wilden Tier direkt in die Augen zu blicken und ein solches Verständnis und so eine Intelligenz wahrzunehmen ist eine außergewöhnliche Erfahrung. Diese Überraschung minderte ihre Spiellust nicht und bald kletterte sie den wilden Affen hinterher, die sich um das Gehege herum befanden. Innerhalb kürzester Zeit wurde Watson selbständig. Das Ziel, dass sie in der Zukunft mit anderen Artgenossen im Dschungel leben kann, scheint nichts mehr im Wege zu stehen.
Klammeraffen Waisenkind Watson - Foto von Kim Lange

Tipps für das Leben im Dschungel

Ich könnte natürlich noch stundenlang weitererzählen, möchte aber viel lieber, dass ihr durch meinen Bericht angeregt seid, eure eigenen Erfahrungen im Dschungel zu sammeln. Am Ende möchte ich noch auf einige Schwierigkeiten im Dschungel eingehen, die einem begegnen können.

Auch wenn man stets seine Stiefel umdreht, um Kontakt mit Skorpionen und Spinnen zu vermeiden, können sie sich dennoch mal ins Haus verirren. Dann heißt es Ruhe bewahren und die genauso verängstigten Tiere hinausbegleiten und präventiv immer schön alle Türen schließen. Neben diesen ist auch die Begegnung mit der Tropischen Riesenameise gefürchtet. Aus eigener Erfahrung kann ich nun berichten, dass es wirklich höllisch wehtut, dann heißt es, schnell das Gift auszusaugen, um den Verlauf zu mildern (Experten-Tipp: Saft einer unreifen Papaya).

Man sollte sich auch bewusst sein, dass oft nur kaltes Wasser zur Verfügung steht, welches mich jedoch bei der Wärme nicht gestört hat. Außerdem muss das Wasser abgekocht werden, um für unsere Mägen verträglich zu sein.

Als ich dort war, haben wir zudem unsere Kleidung von Hand gewaschen, nur leider trocknet sie sehr schlecht bei der hohen Luftfeuchtigkeit. Ein Tipp, den ich mir bei den Kichwafrauen abgeschaut habe: Die Kleidung auswringen und dann mit ordentlich Schmackes auf eine saubere Fläche hauen. So verliert die Wäsche gut an Nässe. Alternativ kann man sie in der Stadt waschen lassen, wo man sich auch bestimmte Snacks und Süßigkeiten kaufen kann, da man auf der Station nur Grundnahrungsmittel findet. Zusätzlich sollten alle Sachen in Plastiktüten gelagert werden, damit eine Schimmelbildung vermieden wird.

Ich hoffe, dass ihr durch meinen Bericht angeregt seid, eure eigenen Erfahrungen im Dschungel zu sammeln. Statt Volunteering gibt es aber auch viele andere Möglichkeiten zu helfen.
Schaut dafür gerne mal auf www.amazoonicorescue.org oder bei Instagram bei @amazoonico vorbei. Denn jeder noch so kleine Beitrag hilft dem Wildtierhandel ein Ende zu setzen.

Wir sehen uns bei meinem nächsten Abenteuer,
eure Kim
Kim Lange Team Portrait
Kim Lange

Tiermedizinerin mit Wildtierschwerpunkt

berichtet von ihren Volunteering-Erfahrungen im Dschungel