Blogbeitrag zum Nachhaltigkeit beim Fliegen - Artenschutz to Go

Ist nachhaltiges Fliegen möglich?

Wahrscheinlich kennen es viele: Man bucht einen Flug für einen bevorstehenden Urlaub oder für eine Geschäftsreise und wird von schlechtem Gewissen geplagt oder erhält sogar negative Kommentare aus dem Umfeld. Für dieses Gefühl gibt es sogar einen Begriff, die sogenannte Flugscham. Viele fragen sich, ob es nicht ausreicht seinen alltäglichen Konsum nachhaltiger zu gestalten oder generell mehr Bewusstsein für die Umwelt zu etablieren. Schließlich hat der Flugverkehr einen geringen Anteil an der Klimaerwärmung und sogar diese Emissionen kann man mittels CO2-Kompensation ausgleichen. Aber ist das wirklich eine nachhaltige Lösung?

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for Thought

Der Anteil des Flugverkehrs an der Klimaerwärmung beträgt laut einer Studie der Manchester Metropolitian Unsiversity 3,5 Prozent.1 Die wichtigsten klimarelevanten Emissionen sind dabei CO2, Stickstoff und die Wirkung von Kondensstreifen. Weiterhin gehören Ruß, Aerosol- und Sulfat- Aerosolpartikel dazu. Dabei ist auf CO2 nur 1/3 der Klimawirkung zurückzuführen, 2/3 entfallen auf sogenannte Nicht-CO2-Effekte.1

CO2 ist ein Treibhausgas und hat somit einen erwärmenden Effekt auf das Klima. 2 Aus Stickstoff, Sauerstoff und Sonneneinstrahlung entsteht Ozon, ebenfalls ein Treibhausgas.3 Ob Ozon uns schützt oder schadet, hängt davon ab, in welcher Luftschicht es sich befindet. Die ‚Ozonschicht‘ etwa in einer Höhe von 15-50 Kilometern schützt uns vor der gefährlichen UV-C-Strahlung der Sonne und mindert die etwas weniger gefährlichere UV-B-Strahlung. Flugzeuge sind jedoch in einer Höhe von circa 10 Kilometern unterwegs. Dort wirkt der ausgestoßene Stickstoff als Treibhausgas und kann in hohen Konzentrationen auch gesundheitliche Auswirkungen haben.4,5,6

Kondensstreifen entstehen aus Wasserdampf, der in der circa -40 Grad kalten Luftschicht nicht vollständig aufgenommen werden kann. Diese können zum einen kühlenden Effekt haben, indem sie Sonnenlicht direkt wieder in den Weltraum reflektieren. Zum anderen können sie einen erwärmenden Effekt haben, ähnlich wie Treibhausgase, indem sie verhindern, dass die Wärmestrahlen wieder in den Weltraum gelangen können. Mittlerweile sei laut der Studie klar, dass der erwärmende Effekt überwiegt.6

Der Flugverkehr gehört zu den klimaschädlichsten Arten sich fortzubewegen.

Beispielsweise stößt die Flugroute von Frankfurt a.M. auf die Malediven mit Hin- und Rückflug (16.000 km) über fünf Tonnen CO2 aus. Im Vergleich kann man dafür mit einem Mittelklassewagen (7l/100km) mehr als 25.000km fahren.7 Damit sich die Erde um nicht mehr als 1,5 Grad erwärmt, liegt das CO2 Jahresbudget eines Menschen bei 1,5 Tonnen CO2 pro Jahr. Bereits ein Flug von Düsseldorf nach New York stößt jedoch pro Person 2,8 Tonnen CO2-Äquivalente aus und überschreitet somit das Budget um fast das Doppelte.8

Eine viel genutzte Möglichkeit, um die durch das Fliegen verursachten Emissionen zu mindern ist die sogenannte CO2-Kompensation. Dabei wird der CO2 Ausstoß von beispielsweise einer Flugreise berechnet. Anschließend wird ermittelt wie viel es kostet dieses CO2 an anderer Stelle zu kompensieren, zum Beispiel durch Spenden an Klimaschutzprojekte für erneuerbare Energien oder Aufforstung von Wäldern. Die Preise variieren von Anbieter zu Anbieter, da zum Beispiel andere Kriterien miteinbezogen werden, wie die Nicht-CO2-Effekte, Flughöhe und Zwischenlandungen. Bei der Auswahl des Anbieters sollten wir auf Seriosität achten. Solche Anbieter würden ihrer Kundschaft zunächst anraten Emissionen zu reduzieren oder zu vermeiden, bevor sie kompensiert werden. Außerdem ist zu beachten, ob diese Projekte nicht ohnehin durchgeführt worden wären, das heißt auch ohne Kompensation, und ob am Ende wirklich die Menge an CO2 eingespart wird, die man kompensieren möchte. Daher sollten die Anbieter erkenntlich machen, wie genau sie diese Aspekte kontrollieren bzw. gewährleisten.9

Eine andere Möglichkeit, um die Emissionen von Flugreisen zu mindern, scheint die Entwicklung von umweltfreundlicheren Flugzeugen zu sein. Dabei sind derzeit Elektroflugzeuge, Flugzeuge mit Wasserstoffantrieb, Biotreibstoff und Synthetisches Kerosin Gegenstand von Forschungen. Elektroflugzeuge werden elektrisch Betrieben und stoßen kein CO2, Stickstoff, Wasserdampf oder Ruß aus. Sie sind jedoch aufgrund von geringer Energieleistung keine Alternative für die klassischen Kurz- und Langstreckenflugzeuge.

Flugzeuge mit Wasserstoffantrieb benutzen statt Kerosin Wasserstoff als Antriebsmittel und sind somit CO2 neutral und stoßen keine Rußpartikel aus. Allerdings stoßen sie ebenfalls Stickstoff und Wasserdampf aus. Das problematischste bei dieser Art von Flugzeugen ist jedoch der fehlende Platz, da Wasserstoff bis zu viermal mehr Volumen als Kerosin benötigt. Daraus ergibt sich, dass die Tanks anders verstaut werden müssen und somit Flugzeuge weltweit neu konstruiert werden müssten.

Biokerosin wird nicht aus fossilen Quellen wie Erdöl, sondern aus nachwachsenden Rohstoffen wie Rapsöl und Palmöl gewonnen. Bei der Herstellung wird weniger CO2 ausgestoßen und es werden laut einer Studie bis zu 70% weniger Ruß- und Feinstaubpartikel ausgestoßen. Allerdings wird weiterhin Wasserdampf ausgestoßen und die Stickstoff Emission bleibt gleich. Biokerosin findet bereits bei einigen Fluggesellschaften Einsatz, ist bisher jedoch nur in Kombination mit herkömmlichen Kerosin erlaubt. Es ist ein wachsender Markt jedoch muss man berücksichtigen, dass die dafür benötigten großen Flächen intakte Ökosysteme wie Regenwälder in Monokulturen umwandeln könnten. (siehe Blogbeitrag: Palmöl)

Von all diesen Konzepten scheint lediglich das Synthetische Kerosin eine realistische und umsetzbare Alternative zu sein. Es wird auch Power-Liquid genannt. Dafür wird zunächst CO2 aus der Luft gefiltert, welches anschließend mit Hilfe von Strom aus erneuerbaren Energien und Wasserdampf gespalten wird. Es entstehen Wasserstoff und Kohlenmonoxid. Durch Synthese entsteht schließlich flüssiger Treibstoff. Laut dem Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt werden wesentlich weniger CO2 und Rußpartikel ausgestoßen. Für die vielversprechende Methode müssen jedoch noch die passenden Produktionsstätten und weitere erneuerbare Energiequellen erschlossen werden.

Eine weitere umsetzbare Methode um Emissionen um bis zu 25% zu senken ist die Optimierung von Flugrouten. Die Idee dahinter ist es, schädliche Luftschichten zu umfliegen, da Emissionen nicht in allen Luftschichten gleich wirken bzw. schädigend sind. Das führt dazu, dass die Emissionen selbst dann gesenkt werden können, wenn die optimierte Flugroute mehr Zeit und sogar mehr Kerosin benötigen würde.8
Der richtige Treibstoff ist eine zentrale Frage bei der Entwicklung nachhaltigerer Flugzeuge. © Jose Lebron on Unsplash
Der richtige Treibstoff ist eine zentrale Frage bei der Entwicklung nachhaltigerer Flugzeuge. © Jose Lebron on Unsplash
Der Erhalt unserer Korallenriffe hängt stark davon ab, dass wir die Klimaerwärmung stoppen.
Der Erhalt unserer Korallenriffe hängt stark davon ab, dass wir die Klimaerwärmung stoppen.

Die
Preisfrage

Die durch den Flugverkehr verursachten Emissionen tragen zur Klimaerwärmung bei. Zu den geläufigsten Auswirkungen des Klimawandels gehören unter anderem der Anstieg des Meeresspiegels, Artensterbenund die Korallenbleiche.

In der Folge kommt es zu Überschwemmungen, von denen vor allem Inseln und Länder mit flachen Küsten betroffen sind. Weiterhin nehmen die Meere einen beachtlichen Teil CO2 auf, jedoch führt eine erhöhte Konzentration davon im Meer zu einer Absenkung des PH Wertes. Die Übersäuerung beeinträchtigt das Leben von Korallen, Schnecken und Muscheln.10,11

Weiterhin führt die Erwärmung des Wassers zur sogenannten Korallenbleiche. All dies hat Auswirkungen für das gesamte damit verbundene Ökosystem, da Korallen zum Beispiel als Nahrungsgrundlage vieler Meerestiere dienen, und somit die Lebensraumbedingungen verändert werden. Meerestiere wandern in andere Gebiete oder können gegebenenfalls sogar aussterben. Letztendlich wird durch schwindende Fischbestände auch die Nahrungsversorgung des Menschen beeinflusst.12
Für die Tiere an Land sieht das Ganze ähnlich aus, durch veränderte Lebensraumbedingungen müssen die Tiere abwandern, sich anpassen oder sie werden aussterben. Eine Studie des WWF und der Universität East Anglia in Großbritannien ergab, dass rund die Hälfte aller Tier- und Pflanzenarten bis 2080 in bedeutenden Naturregionen, wie dem Amazonas-Regenwald, aussterben werden, wenn die menschengemachten Emissionen wie bisher weiter fortschreiten. Selbst wenn das Minimalziel des Pariser Klimaabkommens von dem 2,0 Grad Limit eingehalten wird, würde jede vierte Tier- oder Pflanzenart in diesen Regionen aussterben.13 Der Klimawandel trifft uns Menschen aber auch direkt, beispielsweise in Form von vermehrter Zeckenausbreitung und Einwanderung von nicht heimischen Mücken, die Krankheiten übertragen. Allergiker spüren ebenfalls die Folgen des Klimawandels, da sich in nördlichen Regionen die Pollenmenge erhöht. Weiterhin beginnt die Pollensaison früher und endet später.10

Zum
Mitnehmen

Fliegen ohne schlechtes Gewissen ist also noch nicht möglich. Es gibt zwar schon einige Ansätze, doch bis diese vollends entwickelt und getestet sind, wird es noch etwas dauern. Was kann man nun also tun? Im ersten Schritt sollte man natürlich versuchen so wenig wie möglich zu fliegen. Das heißt vor allem Kurzstreckenflüge und Inlandsreisen möglichst mit der Bahn oder dem Bus anzutreten. Wie wir gerade in der aktuellen Zeit alle gelernt haben, können ganze Geschäftsreisen durch Videokonferenzen ersetzt werden.

Vielleicht können wir auch unseren Blickwinkel auf das Reisen generell ändern und uns fragen, was wir uns von der Reise erhoffen. Wunderschöne Landschaften und Regionen sind direkt vor unserer Haustür, sogar mehr als wir jemals anschauen könnten. Das soll natürlich nicht heißen, dass wir nie wieder reisen oder gar fliegen dürfen. Aber wir könnten es wieder als etwas Besonderes ansehen und das dann vielleicht einmal im Jahr, statt zweimal. Die Flüge, die dann eben noch angetreten werden, können wir zusätzlich durch CO2-Kompensation ausgleichen, jedoch ist das nicht als Freifahrtschein zu betrachten. Die Kompensation spart dadurch zwar an anderer Stelle CO2 ein, jedoch kommt es trotzdem zu einer Umweltbelastung durch die ausgestoßenen Emissionen.

Wie immer muss ein nachhaltigeres oder bewussteres Handeln keinen kompletten Verzicht auf etwas bedeuten. Aber wir können eine neue Perspektive auf die Dinge gewinnen und sie dadurch mit mehr Respekt und Bewusstsein genießen.
Louisa Schroeter
Louisa Schroeter

Tiermedizin-Studentin aus dem Nepada Wildlife Team

möchte sich im Bereich Artenschutz/One Health spezialisieren

Unsere „Artenschutz to go”-Beiträge erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit, sondern geben lediglich Impulse für einen bewussteren und nachhaltigeren Umgang mit unserem Planeten. Gemeinsam können wir vieles besser, aber auch nicht sofort alles richtig machen. Möchtet ihr weitere Informationen zu diesem Thema mit uns teilen? Oder habt ihr kritische Anmerkungen? Dann schreibt uns gerne in den Kommentaren.